Publikation
Poetik der Oberfläche
Die deutschsprachige Popliteratur der 1990er Jahre
Herausgegeben von Olaf Grabienski,
Till Huber und Jan-Noël Thon
Berlin u.a.: de Gruyter, 2011
ISBN 978-3-11-023764-1
Der Sammelband widmet sich der Geschichte und Gegenwart deutschsprachiger Popliteratur; Bezügen zwischen Popliteratur und Popkultur im Kontext von Dandyismus, Camp-Ästhetik, Gender-Forschung und Popmusik; dem Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Konzepten von Autorschaft und Formen auktorialer Selbstinszenierung sowie - mit einem besonderen Schwerpunkt - den Romanen Christian Krachts als dem wohl einflussreichsten und vielgestaltigsten unter den 'Kiwi-Popliteraten'.
Innokentij Kreknin
Das Licht und das Ich. Identität, Fiktionalität und Referentialität in den Internet-Schriften von Rainald Goetz
Abstract
Am Beispiel von Rainald Goetz' Internetschriften Abfall für alle (1999) und Klage (2008) fokussiert Innokentij Kreknin in seinem Beitrag die Funktion des Internet als Ort des Textes. Stärker als andere mit der Popliteratur der 90er Jahre assoziierten Autoren hinterfragt Goetz das Verhältnis von Alltagswirklichkeit und Fiktion, indem er das - alles andere als unproblematische - "einfache wahre Abschreiben der Welt" (Goetz 1986, S. 19) zu seiner Mission erklärt. Kreknin liefert vor diesem Hintergrund einen Überblick über die Entwicklung von Goetz' Werk - vom skandalösen Schnitt in die Stirn (1983 in Klagenfurt) bis zu den autofiktionalen Verschachtelungen in Klage - und legt dar, wie 'Identität', 'Fiktionalität' und 'Referentialität' an die medialen Bedingungen sprachlich-literarischer Texte gebunden sind. Die zentrale Annahme Kreknins lautet, dass 'fiktive Welten' und 'alltagswirkliche Welten' zwar unterschieden werden können, dabei aber nicht von einer kategorialen Unvereinbarkeit der gegenübergestellten Bereiche ausgegangen werden sollte, da die Grenze zwischen ihnen in beide Richtungen durchlässig sei. Insbesondere anhand der Einschreibung einer Autor-Figur 'Rainald Goetz' in die vom Autor Rainald Goetz verfassten Texte vollzieht Kreknin das - für zahlreiche popliterarische Texte typische - prekäre, problematische, paradoxe (und im Übrigen ständig changierende) Verhältnis von Fiktion und Alltagswirklichkeit nach und versucht, es durch eine Neubesetzung der ursprünglich aus der Fiktionstheorie stammenden Unterscheidung zwischen 'Fiktionalität' und 'Fiktivität' genauer zu fassen: Den Autor (bzw. die Autor-Figur) Rainald Goetz versteht Kreknin - aufgrund der Existenz des gleichnamigen 'empirischen Subjekts' in der Alltagswirklichkeit und der entsprechenden Referentialisierbarkeit - als zwar 'fiktionales', aber eben nicht 'fiktives' Subjekt.
Referenzen
Goetz, Rainald (1986): "Subito". In: Ders.: Hirn. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 9-21.
Abstracts aller Beiträge
- Hrsg.: Auslotung der Oberfläche
- Hecken: Die verspätete Wende ...
- Frank: Literatur aus den reichen Ländern
- Schumacher: Das Ende der Popliteratur
- Renz: Wer spricht – und wie?
- Seiler: Mein System kennt keine Grenzen
- Roenneke: Adieu Tristesse!
- Picandet: Der Autor als Disk(urs)-Jockey
- Kreknin: Das Licht und das Ich
- Büscher-Ulbrich: The Soundtrack ...
- Hermes: Tristesse globale
- Bartels: Trockenlegung ...
- Niermann: Oberfläche